Textilforschungsbericht 2021

Beherzte Forschungsförderung für eine nachhaltige Zukunft

31.08.2022

Das vergangene Jahr stand für die Textilforschung und -industrie einmal mehr ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Das macht der Textilforschungsbericht 2021 deutlich, den das FKT jetzt veröffentlicht hat. So dominierten zwischen 2017 und 2021 bei den abgeschlossenen IGF-Vorhaben die Fachgebiete „Werkstoffe, Materialien“, „Ressourceneffizienz, Rohstoffe“ und „Leichtbau“ deutlich. Diese werden ganz klar von den in der Öffentlichkeit stark diskutierten Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten getrieben. Nachhaltige Textile Lösungen werden künftig also immer stärker nachgefragt werden. Wie FKT-Forschungsleiter Johannes Diebel im aktuellen Bericht betont, hat Deutschland bei hochinnovativen technischen Textilien eine Spitzenstellung. Diese gelte es zu halten, indem man verstärkt auf nachhaltige Lösungen setze. Gefragt seien Sprunginnovationen im Bereich der neuen Materialien, der Kreislaufwirtschaft und der Klimaneutralität. Johannes Diebel betont, dass dafür weiterhin eine kraftvolle textile Forschung nötig sei: „Natürlich sind angesichts explodierender Energie- und Rohstoffpreise, der galoppierenden Inflation und der unsicheren weltpolitischen Lage die Investitionsmittel in Forschung und Entwicklung gerade in den mittelständischen Unternehmen knapp. Um grüne textile Lösungen in Deutschland und Europa für verschiedene Anwendungsgebiete zu schaffen, braucht es aber gerade jetzt eine beherzte und mutige Forschungsförderung.“

Fokus Kreislaufwirtschaft

Eine zentrale Rolle werden in den kommenden Jahren vor allem neue Lösungen für die künftige Kreislaufwirtschaft spielen. So stellt der Bericht unter anderem die neue FKT-Broschüre „Kreislaufwirtschaft“ vor, die das FKT kürzlich veröffentlicht hat. Demnach besteht die Herausforderung darin, dass sich die Textilindustrie wie kaum eine andere Branche über Dutzende von Prozessschritten und Wertschöpfungsstufen erstreckt. Die Broschüre „Kreislaufwirtschaft“ zeigt auf, mit welchen Maßnahmen sich trotz aller Hindernisse eine Kreislaufwirtschaft realisieren lässt. Zentrales Element der Studie zur Kreislaufwirtschaft waren vier große Workshops, an denen im vergangenen Jahr insgesamt 50 Fachleute teilgenommen hatten. In der Broschüre werden die Herausforderungen, Hindernisse und Lösungsansätze übersichtlich auf die drei Säulen »Ökonomie«, »Ökologie« und »Gesellschaft« aufgeteilt. Deutlich wird darin auch, dass die Forschungsvereinigungen und das FKT bei der Transformation als kompetenter Partner und Wissensvermittler mit einem großen Netzwerk in Forschung und Mittelstand bereitstehen.

Zahlreiche Projekte mit Umweltbezug

Darüber hinaus stellt der aktuelle Forschungsbericht eine ganze Reihe von Best-Practice-Beispielen und -Projekten vor, bei denen die Nachhaltigkeit im Fokus steht. Dazu zählt unter anderem ein innovatives Bepflanzungssystem, mit dem sich Hausfassaden begrünen lassen, um das Stadtklima zu verbessern. In dem Projekt wurden Zellulose-Fasern und -Vliesstoffe hergestellt, auf denen Pflanzen leicht wurzeln können. Die neuen Materialien zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr viel Wasser aufnehmen und speichern, sodass viel weniger bewässert werden muss. Zu den Neuentwicklungen, die im Bericht vorgestellt werden, zählen ferner textile Adsorbermaterialien, mit denen sich sehr einfach Perfluorierte Tenside (PFT) aus dem Grundwasser oder aus Betriebswässern entfernen lassen. PFT werden unter anderem für die Produktion atmungsaktiver und wasserabweisender Bekleidung verwendet. Allerdings zählen PFT zu jenen Verbindungen, die in der Natur nicht vollständig abbaubar sind. Sie gelten als langlebige, organische Schadstoffe, die sich in Lebewesen anreichern und stehen im Verdacht, Krebs auszulösen. Weitere aktuelle umweltfreundliche Lösungen sind Antifouling-Ausrüstungen für Markisen und Sonnensegel, die ganz ohne Biozide auskommen. Sie enthalten Nanopartikel auf Basis des Selten-Erd-Metalls Cer, die nicht wasserlöslich sind und damit nicht aus dem Textil ausgewaschen werden. Hinzu kommen neue schadstoffarme Elektrolyte für die Kontaktierung von elektrischen Komponenten in Smarten Textilien.      

Veränderungen gemeinsam angehen

Wie wichtig die Textilbranche das Thema Nachhaltigkeit heute nimmt, machen auch die Kooperationen deutlich, die im aktuellen Bericht vorgestellt werden. Dazu gehört unter anderem das aktuelle europäische Großprojekt CISUFLO, das sich mit den Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft in der Bodenbelagsbranche befasst. Im Fokus stehen die komplexe Wertschöpfungskette, der Wissensaustausch und unterschiedliche nationale Gesetzgebungen. Das Projekt soll auch klären, wie man neue Produkttypen aus kreislauffähigen Rohmaterialien und Zusätzen entwickelt. In CISUFLO (CIrcular SUstainable FLOor coverings) haben sich 19 europäische Partner zusammengeschlossen. Es umfasst sechs Pilotversuche, die sich auf die Herstellung, das Sortieren, Trennen und Recycling von Laminat, widerstandsfähigen Bodenbelägen und Teppichen konzentrieren.

Der Bericht zeigt auch, wie der Wandel in anderen Branchen die Textilindustrie beeinflusst – etwa in der Automobil-Industrie, die in den kommenden Jahren verstärkt auf Nachhaltigkeit und insbesondere Elektromobilität setzen wird. Im Sommer 2021 startete in Thüringen deshalb das bundesweit erste Regionalnetzwerk für Automobil-Interieur „IZZI“ (Interieur der Zukunft aus der Zuliefererindustrie). Auf dem Programm stehen neue Funktionen, nachhaltige Materialien und eine komplett neue Innenraum- Architektur. Im Cluster werden Trends und Ideen für neue Lösungen für den Fahrzeuginnenraum aufgegriffen und in konkreten Projekten von den Unternehmen und Instituten gemeinsam entwickelt.

Informationen über wichtige Veranstaltungen und Wissenschafts-Preise runden den aktuellen Forschungsbericht ab.